Am Weltfrauentag (WFT) versammeln sich jedes Jahr am 08. März Frauen auf der ganzen Welt, um für Rechte, Freiheiten und die Wertschätzung von Frauen zu demonstrieren. Sie protestieren gegen Gewalt, Diskriminierung und fehlende Grundrechte, gegen Kinderhochzeiten und Vergewaltigungen, die in vielen Ländern noch immer als Bagatelldelikte abgetan werden. Doch der Weltfrauentag soll auch an die vielen Fortschritte erinnern, die schon erreicht wurden und das Leben vieler Frauen lebenswert gemacht haben.
In diesem Jahr steht der Weltfrauentag unter dem Motto: „Women in leadership: Achieving an equal future in a COVID-19 world“. Zu Deutsch bedeutet das „Frauen in Führungspositionen: Für eine ebenbürtige Zukunft in einer COVID-19-Welt“. Die Kernaussage, die dahintersteckt ermahnt, die Frauenrechte und den Kampf darum während der Pandemie nicht aufzugeben. Im Gegenteil, die strukturellen Änderungen aufgrund der Corona-Krise sollen als Basis genutzt werden, um darauf eine gleichberechtigte(re) Welt aufzubauen.
Die Geschichte des Weltfrauentags
Der Weltfrauentag jährt sich 2021 zum 110. Mal. ins Leben gerufen wurde er 1911 von Clara Zetkin, die sich die Durchsetzung von Frauenrechten zur Lebensaufgabe gemacht hat. Die deutsche Sozialistin war zielstrebig und unbestechlich, was ihr ein gewisses Maß an Respekt einbrachte, obwohl vielen ihre radikalen Ansichten missfielen. Ihr großes Ziel war es, die Gleichberechtigung von Mann und Frau zu erreichen – ein Ziel, welches noch heute nicht erreicht ist und wofür Millionen Frauen auf der ganzen Welt kämpfen.
Seit der Etablierung des Weltfrauentags trafen sich jedes Jahr Frauen und demonstrierten für ihre Rechte und Wertschätzung, doch mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten nahm diese Tradition ein jähes Ende. Im Nationalsozialismus wurde der Weltfrauentag verboten, denn das Bild der Frau als unterstützende und gebärfreudige Ehefrau sollte um jeden Preis gewahrt werden. Die Frauenrechtsbewegung verlor mit dem zweiten Weltkrieg an Bedeutung und hatte ihr Comeback erst Ende der 1960er Jahre.
Bis heute hat der Weltfrauentag weltweit stark an Bedeutung gewonnen und ist in den Fokus der Medien gerückt, was den Stimmen der Protestierenden eine größere Reichweite verschafft und vielen Frauen Hoffnung bringt. Der Weltfrauentag gibt unterdrückten Frauen das Gefühl, nicht allein dazustehen und von Menschen auf der ganzen Welt unterstützt zu werden, etwas bewirken zu können.
Weltfrauentag: Problem der Kommerzialisierung
Blumenhändler, Süßwarenhersteller und der Einzelhandel sehen in dem Weltfrauentag einen weiteren Feiertag, der Profit verspricht. Entsprechende Werbung lockt Verliebte, ihrer Partnerin eine Freude zu machen, denn schließlich sei sie eine Frau und müsse gefeiert werden. An sich ja ein schöner Gedanke, doch leider verliert sich so der Hintergrund des Weltfrauentags, weshalb die Kommerzialisierung stark in der Kritik steht. Natürlich sei es ein erster Schritt in die richtige Richtung, wenn überhaupt über das Thema gesprochen wird, doch ein Tag, an dem die Frauen gefeiert werden, reiche nicht aus, um die alltägliche Relevanz des Themas zu zeigen. Das Geld wäre besser angelegt, würde es in Hilfsprojekte, die sich für die Bildung und Förderung von Frauen und Mädchen einsetzen, investiert werden, kritisiert die „Desired“-Chefin Nadine Jungbluth.
„Der Weltfrauentag soll nicht die Frau feiern, sondern eine Welt, in der alle Menschen die gleichen Rechte und die gleichen Chancen haben.“
Frauenrechte in Deutschland, Afrika und im Rest der Welt
In Deutschland sind Frauenrechte schon seit langem ein Thema. Frauenquoten und Gleichberechtigungsgesetzte sind längst in der Verfassung festgehalten und es wird an der optimalen Umsetzung gefeilt. Meilensteine wie das Frauenwahlrecht, Verfügungsrecht über das eigene Kapital und der Mutterschutz wurden erreicht und sind beinahe selbstverständlich. Es gibt noch viele Kritikpunkte, wie das Gendern in Wort- und Schriftsprache, oder die Einstellung von Frauen in Führungspositionen. Trotzdem ist Deutschland vielen anderen Ländern im Hinblick auf Gleichberechtigung und Sicherheit von Frauen weit voraus.
Vor allem in Afrika, Lateinamerika und im mittleren Osten kämpfen Frauenrechtler*innen erbittert und oftmals erfolglos für die Rechte von Frauen.
Proteste eskalieren
In Lateinamerika protestierten 2019 Frauen unter anderem in Venezuela, Kolumbien, Bolivien, Chile und Argentinien gegen den willkürlichen Mord an Frauen. 2018 wurde in diesen Ländern durchschnittlich alle drei Stunden eine Frau wegen ihres Geschlechts ermordet, während die Regierung den Blick abwendet und die Femizide als „Familientragödien“ abtut.
In Istanbul eskalierten 2020 die friedlichen Proteste gegen die Unterdrückung von Frauen sogar: als die Demonstrant*innen auf eine abgesperrte Hauptstraße vordringen wollten, wurden sie mit Tränengas vertrieben.
Trotz der weltweiten Demonstrationen dringt die Botschaft, vor allem in „nicht westlichen“ Ländern, nur selten bis zur Führungsebene vor. Gesetze werden erlassen, doch Verstöße werden selten bestraft, geschweige denn vor Gericht gebracht.
Auch in vielen Ländern Afrikas spielen die Rechte und Bedürfnisse von Frauen keine besonders große Rolle. Länder wie Ruanda, die mit einem Frauenanteil von über 60% im Parlament und überdurchschnittlich vielen Frauen in handwerklichen Berufen eine Vorreiterposition einnehmen, gelten als Vorbild für den ganzen Kontinent. Die Realität sieht jedoch in den meisten afrikanischen Staaten anders aus. Vielerorts werden Frauen nicht als gleichwertig gegenüber Männern angesehen. Reicht das Geld nicht für die Schulbildung aller Kinder, werden grundsätzlich die Jungen vorgezogen. Die Unterordnung der Frau hat in Afrika eine lange Tradition und den meisten Mädchen wird ein Minderwertigkeitsgefühl von Kindesbeinen an beigebracht.
„Schon kleinen Kindern wird eine bestimmte Rollenverteilung beigebracht. Zum Beispiel: Wenn Jungs etwas gegessen haben, lassen sie die Schüssel einfach stehen. Dann muss das Mädchen kommen, sie wegräumen und saubermachen. Schon bei kleinen Kindern werden große Unterschiede in der Erziehung gemacht.“, beschreibt die Ordensschwester Anne Béatrice Faye aus dem Senegal.
Doch die Unterdrückung von Frauen macht sich nicht nur psychologisch bemerkbar. Die Gewalt gegen Frauen in Afrika ist besonders hoch. Vor allem Vergewaltigungen und Praktiken der Genitalverstümmelung sind in weiten Teilen des Kontinents noch immer verbreitet – und werden nicht strafverfolgt.
Frauenrechte und CoVid-19
Das Corona-Virus hat viele andere Probleme der Welt in den Schatten gestellt, so auch die Frauenrechtsverletzungen. Die mediale Aufmerksamkeit galt und gilt zu großen Teilen der Pandemie und wenn über andere Dinge berichtet wird, dann zumeist über besonders akute, neue und einschneidende Momente wie Terroranschläge oder Naturkatastrophen. Probleme, die schon lange bestehen, haben ihren Schockeffekt verloren und die Berichterstattung lässt nach. Die Brisanz des Themas wird außerdem im Vergleich zu einer globalen Pandemie in den meisten westlichen Ländern auch oft als weniger hoch eingestuft, doch das ist fatal. Ohne die mediale Aufmerksamkeit werden die Proteste von Frauenrechtler*innen vor allem in Entwicklungsländern entkräftet. Gerade in diesen Ländern sind Unterdrückung und Gewalt gegen Frauen jedoch besonders präsent und müssen bekämpft werden. Während der Coronakrise sind die Zahlen von Frauenrechtsverletzungen, vor allem von Vergewaltigungen stark gestiegen. Doch Schlagzeilen wie
„Nigeria erschüttert eine „Epidemie der Gewalt gegen Frauen“ – Das afrikanische Land erlebt eine Gewaltwelle und verhängt den Ausnahmezustand. In der Pandemie hat sich die Zahl der Vergewaltigungen verdreifacht“, scheinen in dem Informationsüberfluss, dem wir ausgesetzt sind, einfach unterzugehen.
Der Weltfrauentag 2021 will auf diese Nachlässigkeit aufmerksam machen. Die Rechte von Frauen sind immer noch wichtig, wenn nicht sogar wichtiger denn je. Das Recht der Gleichberechtigung ist ein Menschenrecht und muss für jede*n erreichbar sein. Bildung, Sicherheit und gesundheitliche Versorgung sollten jedem gleichermaßen zugänglich sein und Gewalt gegen Frauen muss verboten sein und bestraft werden.
Diese Grundsätze vertreten schon einige Länder. Norwegen gilt als sicherstes, lebenswertestes Land für Frauen, gefolgt von Schweden und Kanada. Sie gelten als Vorbilder, denn die Gleichberechtigung von Frauen sollte eine Selbstverständlichkeit sein.